Freuds Dinge
Buchgestaltung
Konzeption / Entwurf / Art Direction
für Die Andere Bibliothek, Berlin
02. 2019, Band Nr. 410
Das Buch »Freuds Dinge. Der Diwan, die Apollokerzen & die Seele im technischen Zeitalter« von Lothar Müller betrachtet die Dingwelt des 19. Jahrhunderts. Er stellt einen Zusammenhang zwischen den Objekten des Zeitalters der Industrialisierung und dem Unterbewusstsein der damaligen Gesellschaft her. Als Vater der Psychoanalyse und Traumdeutung gräbt Sigmund Freud tief im Unbewussten seiner Patienten. Lothar Müller trägt die Fallgeschichten Freuds zusammen. In Ihnen ist nachzulesen, wie sehr »die Requisiten des bürgerlichen Alltags und Interieurs« das Unbewusste seiner Patienten beeinflusst haben. »Da taucht zum Beispiel die »Apollokerze« auf, das Erfolgsprodukt der Wiener »Apollogesellschaft«: industriell gefertigte Stearin-Kerzen. Diese Apollokerzen wurden zum Synonym für Stearin-Kerzen (…) und bevölkerten nebenbei das Unbewusste unbescholtener Fräuleins, kamen auf Freuds Couch zur Sprache.« Das nebenher Gesagte, das belanglose Detail ist das Entscheidende. »So sind Freuds Schriften nicht nur eine Aufdeckung des Verdrängten oder Verdichteten, der Lektüre im Unbewussten, sondern zugleich ein Kompendium der Dingwelt des 19. Jahrhunderts, vom Regenschirm bis zu den Schreibgeräten. Das Unheimliche und das Harmlose begegnen sich an dieser Schnittstelle. Lothar Müller blättert das Kompendium auf: von A bis Z.«
Diesen vielschichtigen Inhalt visualisiert die Buchgestaltung. Wie eine Zeitungsseite blättert sich das Portrait Freuds auf und gibt den Blick nach Innen bzw. auf die Ebene darunter frei. Es wirkt als könne man einen Blick hinter die Kulissen, vielleicht sogar ins Unbewusste, in die Tiefen der Seele erhaschen. Zu sehen ist das besagte »Kompendium der Dingwelt« in Form eines Sammelsuriums an Originaldokumenten, Werbeanzeigen und Zeitungsausschnitten. Die Darstellung der industriellen Warenwelt symbolisiert den kulturellen und materiellen Hintergrund des 19. Jahrhunderts, auf dem Freuds Theorien und Beobachtungen basieren. Die Covergestaltung stellt eine visuelle Brücke zum Innenteil her, in dem historische Fotografien, schwarz-weiße Reklamen von Penkala-Stift bis Apollo-Kerzen und Werbeanzeigen mit Abbildungen der griechischen Mythologie die vorherrschende Bildsprache sind. Das angedeutete Motiv der nachempfundenen Zeitungsseite der Buchschlaufe setzt sich auf dem rosa Einband fort. Das Thema des »aufgeschlagenen / gewendeten Blattes« wird im Innenteil aufgegriffen und wiederholt sich auf den Kapiteltrennseiten.
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Kontakt
Katrin Schacke
Konzeption & Gestaltung
Blumenstraße 14
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Deutschland