Wir
Internetkinder
Buchgestaltung
Konzeption / Entwurf / Art Direction / Illustration
für Verlag Hermann Schmidt, Mainz
2021
Julia Peglow schreibt in ihrem Buch »Wir Internetkinder – Vom Surfen auf der Exponentialkurve der Digitalisierung und dem Riss in der Wirklichkeit einer Generation« über eine merkwürdig aufgewiegelte Grundstimmung unserer Gesellschaft als Phänomen unserer digitalisierten Welt. Das erzählerische Sachbuch thematisiert und ergründet die Zerrissenheit einer Generation und deren gespaltene Realität im Zeitalter von Social Media und Internet. Der zugrundeliegende Anspruch der Buchgestaltung war daher die Visualisierung des Spagats jener Generation »mit einem Bein in der analogen – und mit einem im Digitalzeitalter« zu stehen. Dabei sollte sie die verheißungsvolle Aura von tief gehenden Denk- und Erkenntnisprozessen und fundierten Wissen vermitteln und gleichzeitig »mega contemporary wie pop« sein. Dafür sorgt zum einen die Schriftmischung aus charakteristischer Antiqua in gesperrten Versalien und Fließtext und halbfetter Grotesk. Diese verleiht der Gestaltung den richtigen Grad an sachlich-nüchterner, zurückgenommener und klassischer Anmutung, die erwachsen, gehaltvoll und theoretisch wirkt und damit den tief philosophischen und faktenbasierten Aspekten des Inhalts gerecht wird. In Kontrast dazu bringt die ungesehene Farbkombination aus silber metallic, salbeigrün und nachtblau, sowie der gezielte Einsatz der auffälligen und frischen Auszeichnungsfarbe Neonviolett die gewünschten zeitgemäßen Anteile der Gestaltung.
Cover
Die Coveridee - ein in silbermetallic geprägter Riss - symbolisiert die Zerrissenheit jenes Weltbildes. Gleichzeitig erinnert sie an »Kintsugi«, die japanische Kunst zerbrochenes Porzellan mit Gold zu kitten und damit aufzuwerten. Das silbrige Glitzern, das futuristische Flirren und Funkeln wichtiger Elemente der Buchgestaltung
neben der Heißfolienprägung auf dem Cover auch im Vorsatzpapier und im Blattschnitt zu finden) stehen als Metapher für die Digitalisierung und Technologie. In Verbindung mit dem hellen Einbandmaterial in Salbeigrün verleihen sie dem Buchobjekt den hoffnungsvollen und freundlichen Charakter eines »Ermöglichers« – einem Buch, das dem Lesenden nach teilweise schmerzlichen Erkenntnissen schlussendlich »Freiheit«, »Chancen« und Schwerelosigkeit in einer Art »Schwebezustand« verspricht. Specials, wie ein umlaufender Blattschnitt in 3 Sonderfarben sowie ein leuchtender Zeitstrahl machen zudem Lust auf das Buch.
Struktur
Der vielschichtige Inhalt, der immer wieder zwischen verschiedenen Zeitebenen springt, bedarf einer klaren Buchstruktur. Einfarbig dunkelblaue Seiten übernehmen die Trennfunktion zwischen den Buchteilen. Sie sind pur und beidseitig bedruckt, wirken jeweils wie ein durchgefärbtes Blatt Papier. Zur subtilen Gliederung und abwechslungsreichen Gestaltung des Inhalts werden die verschiedenen Textteile auf unterschiedliche Farbfonds gedruckt: Die Hauptteile des Buches stehen auf weißem Naturpapier. Alle Einschübe wie der Prolog, Intermezzi und Epilog werden auf einen salbeigrünen Farbfond gesetzt. Der Zeitstrahl steht auf neonviolett.
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304 Seiten mit fünf ganzseitigen Illustrationen
durchgehend in drei Sonderfarben gedruckt: Nachtblau, Salbeigrün und Neonviolett
Format 15 x 22 cm
Flexcover mit silberner Prägung und dreiseitigem Blattschnitt und beigelegten salbeigrünem Lesezeichen
Layout
Als Zitat der digitalen Welt ist der Satz aller Elemente in den Hauptteilen des Buches wie in einem Blogeintrag prinzipiell linksbündig ausgerichtet. Zudem erinnern sparsame Gestaltungselemente wie die kleine, senkrechte Linie an einen Curser. Durch diese Linie werden die Textteile miteinander verbunden, der gewünschte »breite Strom einer Geschichte«, der »rote Faden« wird deutlich: alles hängt zusammen und baut aufeinander auf. Wie gewünscht ist der Text sehr ruhig und gut lesbar gesetzt. Durch viele gliedernde Absätze und großzügigen Weißraum erhält der Text die notwendige Ruhe und einen angemessenen Rahmen für ein uneingeschränktes Lesevergnügen. Die typografische Moderation der Zeitenwechsel wird durch einen Schriftwechsel erzeugt: Tagebucheinträge sind in der »Lelo« gesetzt, um sich vom Haupttext zu differenzieren und den Sprung in den unterschiedlichen Zeit- und Erzählebenen zu kennzeichnen. Um stärker an einen handgeschriebenen Tagebucheintrag zu erinnern und weniger technisch zu wirken, wird hier der kursive und dennoch sehr gut lesbare Schnitt des Grotesk Fonts verwendet. Zusätzlich werden diese Passagen durch Einrückung und eine senkrechte Linie links gekennzeichnet (Analogie von Re-Re-Email-Verläufen). Alle Jahreszahlen begleiten den Leser als einziges farbiges Element auf den Seiten und geben stetig die Orientierung über Zeitebene und Zeitenwechsel. Die Farbigkeit findet sich im Zeitstrahl wieder. Die Einordnung in die Zeit erzeugt eine »historische Grundstimmung« mit großer Ausstrahlung.
Illustrationen
Zur Auflockerung der großen Textmengen und als Rastplätze für die Augen werden wissenschaftlich anmutende, grafische Illustrationen eingestreut. Meist ganzseitig als eine Art Tafel oder Schaubild, aber auch als kleine Grafik im Textfluss, bebildern sie auf eher abstrakter Ebene die philosophischen Gedankengänge und stehend ergänzend zum Text. Die Illustrationen sind ein wichtiger Bestandteil der Gesamtanmutung der Buchgestaltung, weil sie eine gewisse theoretische und wissenschaftliche Grundstimmung erzeugen. Auch inhaltlich sind sie eine Bereicherung für das Buch, da sie als abstrakte, visuelle Umsetzungen der philosophischen Schwerpunkte den Text ergänzen und den Leser noch einmal mehr zum Reflektieren einladen. Inspiriert durch die vielen, schönen sprachlichen Bilder und Metaphern aus dem Bereich der Geowissenschaften (»Sedimentschichten«, »Umwälzungsprozesse«, »Terrestrische Ordnung«, »Plattentektonik«, »Verschiebungen«, etc.) lehnen sich die Illustrationen in ihrer grafischen, abstrakten und wissenschaftlichen Anmutung an die Bildwelt der Schemata und Schaubilder der Geologie und Geografie an. Zum anderen greifen sie in ihrer reduzierten, technischen und teils ikonografischen Bildsprache die Outline-Darstellungen digitaler Anwendungen auf. Raster, Texturen, verschiedene Schraffuren, Staffelungen und Verschiebungen von Ebenen spielen eine Rolle.
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Kontakt
Katrin Schacke
Konzeption & Gestaltung
Blumenstraße 14
63069 Offenbach am Main
Deutschland